Sehen und verstehen

Trauern – wenn der Tod zum Thema wird

Wenn Kinder trauern lernen

In jeder Familie gibt es Momente, in denen der Tod zum Thema wird. Familienangehörige, Freunde oder Bekannte des Kindes verlassen die Welt und plötzlich erscheint das Leben wie ein Wimpernschlag. Wenn Kinder trauern lernen, also das erste Mal das Ende eines Lebens, dass sie kannten erleben, dann macht es ihnen womöglich Angst. Der Tod ist so greifbar wie noch nie. Es fühlt sich an, als würden wir ewig leben. Erst wenn ein Mensch, der uns nahe stand, von uns geht, verstehen besonders jüngere Kinder nicht, was passiert. Wenn Kinder trauern, sollten sie sensibel begleitet werden.

Susi versteht die Welt nicht mehr

Susi ist gerade mal zehn Jahre alt und hat vor kurzem ihre Großmutter gehen lassen. Es ist Susis erster Todesfall im Familien- und Freundeskreis. Ihre erste Beerdigung steht bevor und sie weint bitterliche Tränen. Ihr Vater nimmt sie in den Arm und spricht ihr gut zu. Das kleine Mädchen hat das Bedürfnis, die Oma noch einmal zu sehen. Sie fragt deshalb, ob sie morgen zu ihr fahren und sie besuchen können. Dass das nicht mehr geht, versteht sie nicht. Immer wieder stellt sie ihrem Vater diese Frage. Für das kleine Mädchen ist die Großmutter immer noch da. Zuletzt lag sie im Krankenhaus. Da muss sie immer noch sein, wenn sie nicht zu Hause ist. Nie wieder ihre Stimme hören? Nie mehr ihr Lächeln sehen? Nie wieder mit ihr Kuchen essen und Mensch-ärgere-dich-nicht spielen? Tage vergehen. Die Jahreszeit wechselt und allmählich begreift Susi, was es bedeutet, einen geliebten Menschen gehen lassen.

Trauern darf jeder, wie er mag

Die meisten Erwachsenen haben oft mehrere Trauerfälle mitgemacht. Wichtig ist, dass du verstehst, dass jeder Mensch auf seine Weise trauert und unterschiedliche Dinge dafür braucht. Die Trauerverarbeitung kannst du deinem Kind nicht abnehmen, nur erleichtern. Wichtig ist, über die verstorbene Person zu sprechen. Kinder machen das von sich aus. Manchmal ist etwas Ermutigung nötig. Ist es das erste Mal für das Kind, fehlt ihm die Erfahrung, damit umzugehen, Gefühle und Bilder einzuordnen. Lasse dein Kind mit seiner Trauer nicht allein und begleite es. Zeige ihm verschiedene Möglichkeiten und bleibe im Kontakt.

Übrigens:

Trauern wegen eines Todesfalls hat dieselbe Auswirkung wie das „Nach“trauern einer gescheiterten Beziehung oder durch einen Verlust materieller Dinge, die einen emotionalen Wert besaßen. Es geht am Ende darum, dass etwas verloren wurde und man bedauert, dass es nicht mehr da ist. Das kann ein verstorbener Mensch, ein Haustier sein oder das Wegbrechen von innigen Freundschaften.

Quelle: www.pixabay.com

Wie war das früher: 4 Trauerphasen

Vor einigen Jahren dachte man noch, dass Trauer in vier Phasen abläuft. Jede Phase hatte ihre Merkmale. Man konnte erst in die nächste Phase eintreten, wenn man die jetzige durchlebt hätte. Heute arbeiten viele Psychologen und Berater, dass es sich viel mehr um Traueraufgaben handelt und nicht jeder diesen Weg der Trauer durchläuft. Durch das Modell der 4-Trauer-Phasen wurde erklärt, wie Trauernde den Tod verarbeiten.

  1. Phase: Nicht wahr haben wollen: Trauernde sind in einer Art Schockzustand, in der sie das Ableben nicht wahrhaben wollen.
  2. Phase: Emotionsexplosion: Die Gefühle des Trauernden schwanken und brechen heraus. Zorn, Verzweiflung, Frust, Glück und Freude. Alles kommt und geht auch wieder.
  3. Phase: die Suche: In dieser Phase begeben sich die Trauernden auf die Suche nach Orten, Momenten oder Personen, Dingen, die sie dem Verstorbenen wieder näher bringen. Emotionale Ausbrüche finden weniger statt und es folgt eine Phase des Friedens durch die Nähe.
  4. Phase: Neues Ich: Aus einer schmerzvollen Erinnerung ist eine liebevolle geworden. Der Schmerz ist nur noch eine vage Wahrnehmung aus früheren Tagen. Erinnerungen an den Verstorbenen fühlen sich neutral oder schön an.

Das Trauer-Kaleidoskop

In der heutigen Zeit weiß man, dass der Weg des Trauerns mehrere Facetten haben kann. So hat das Trauer-Kaleidoskop von Chris Paul Einzug gehalten. Stelle dir ein Kaleidoskop, mit genau sechs Farben vor. Du drehst daran, während du hindurchschaust. Dabei beobachtest du, dass die Farben und Formen sich gegenseitig überdecken und ihre Struktur verändern. Genau das gleiche Prinzip besteht beim Trauer-Kaleidoskop. Jede Farbe steht für eine Facette der Trauer, die sich täglich ändern kann. Denn Trauern bedeutet nicht nur weinen und traurig sein. Trauer ist so viel mehr. Mit dem Trauer-Kaleidoskop kann sich der Trauernde mit dem Prozess visuell beschäftigen.

Die Farben des Trauer-Kaleidoskops

  • Orange ist Überleben: Überleben ist das, was uns funktionieren lässt. Überleben ist alles andere als Spaß. Der Tag wird irgendwie rumgehen. Das Leben geht weiter, aber man selbst will, dass es stillsteht.
  • Gelb ist Verbunden bleiben: Wie ein Sonnenstrahl wirkt die Verbundenheit zum Verstorbenen. Das kann ein bestimmter Ort, ein Gegenstand sein, eine Erinnerung, zu dem der Verstorbenen gedacht wird und man sich ihm auf diese Weise nahe fühlt.
  • Grün ist Sich anpassen: Mit dem Tod ändert sich etwas im Leben des Trauernden. Das zwingt sie dazu, neue Wege zu gehen, etwas anders zu machen, sich dem Leben ohne die Person anzupassen.
  • Blau ist Einordnen: Trauernde ordnen ihr Leben und Gedanken neu. Versuchen ihre Emotionen, ihr „Warum?“ einzuordnen. Sie sind auf der Suche nach Antworten.
  • Rosa ist Gefühle: Gefühle begleiten den Trauerprozess zu jeder Zeit. Dabei kann alles dabei sein: Stolz, Ohnmacht, Neid, Zorn, Dankbarkeit, Erleichterung, Kummer und so viele mehr.
  • Dunkelgrau ist Wirklichkeit begreifen: Zu begreifen, dass die Person „wirklich“ tot ist, fühlt sich wie völlige bedrückende Dunkelheit an.

Wie verwendest du das Trauer-Kaleidoskop?

Chris Paul hat zum Trauer-Kaleidoskop Bücher geschrieben und gibt Seminare. Wenn du dich damit außerhalb dieser Angebote mit dem Trauermodell beschäftigen magst, kannst du für dich oder deinem Kind das Kaleidoskop nutzen, wie du magst. Für Kinder ist es hilfreicher etwas Visuelles und Materielles zur Hilfe nehmen zu können. Zeichne dir zum Beispiel die sechs Trauerfacetten auf ein Blatt Papier, schneide es aus. Du kannst auf der Rückseite einen Magneten befestigen und auf einer Magnettafel die aktuelle Facette nach oben bringen. Du kannst deinem Kind jeden Tag ein Kalenderblatt in der Facettenfarbe ausmalen lassen. So lässt sich die Trauer auf Papier gut verfolgen, wie sie sich mit der Zeit verändert.

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Kinder beim Trauern unterstützen

Kinder verstehen den Tod, je nach Alter unterschiedlich. Trauernde Kinder sind oft zurückgezogen und werden manchmal Opfer von Mobbing in der Schule. Als Elternteil, Bezugsperson oder Betreuungskraft kannst du einen großen Anteil daran tragen, wie das Kind später mit Trauer umgeht. Über Trauer sollte gesprochen, Emotionen nicht versteckt werden. Erkläre den Ablauf einer Beerdigung und nimm Anteil. Manchen Kindern kann es helfen, ihre Trauer zu verarbeiten, in dem sie symbolisch etwas gehen lassen. Lasse einen Stein bemalen und lege ihn mit ins Grab. Manchen Kindern hilft ein ruhiger Ort, an dem sie mit der Person „reden“ können, bauen einen kleinen Altar mit Foto und Kerzen. Finde heraus, was dein Kind braucht und habe Geduld. Irgendwann tut es nicht mehr weh.

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